Vancouver Island – der einsame Norden

Alle haben uns gesagt, wenn ihr im Westen von Kanada seid, besucht Vancouver Island. Das haben wir getan. Und jetzt sagen wir, wenn jemand im Westen von Kanada ist, besuch Vancouver Island!

Kurz bevor es dunkel wird, erreichen wir Vancouver Island. Wir steuern den nächsten Provincial Park an und machen es uns am Kitty Coleman Beach gemütlich.

Campervan am Kitty Coleman Beach.
Morgenstunde!

Für den nächsten Tag ist Regen angesagt und wir sind uns etwas unschlüssig wie es weitergehen soll. Ausserdem machen die Reifen von Trotti BrumBrum erneut Probleme. Wir fahren nach Campbell River, quartieren uns in einem günstigen Motel ein und ich kümere mich um die Reifen. Dieses verflixte kleine Reifenmonster. So ganz bin ich dem noch nicht auf die Spur gekommen, aber es scheint so, dass die starke Reifenabnutzung ein Problem dieses Fahrzeuges ist, unter anderem wegen der Starachse mit Blattfedern hinten. Wohl deshalb empfiehlt Nissan Reifen mit dem Gewichtssindex C (nicht das ich irgend eine Ahnung hätte was das genau heisst), diese verstärkten Reifen sind aber niergends zu bekommen, also müssen andere drauf, die wohl halt schneller abgenutzt werden. Wie auch immer, es wird Winter, hier herrscht teilweise Winterreifenpflicht, so gönnen wir uns einen weiteren Satz Reifen für das nächste halbe Jahr.

Bevor wir in den Norden fahren, besuchen wir noch den Elk Falls Provincial Park.

Unser nächstes Ziel, Telegraph Cove. Zeit für Whalewatching.

Whalewatching – Telegraph Cove

Wir erwischen eine der letzten Touren der Saison und nach einer herzlichen und humorvollen Begrüssung geht es alsbald hinaus. Hier im Norden liegt ein riesiges Gebiet welches seit Jahrzehnten viel für die Orcaforschung beiträgt, dementsprechend ist der Captain auch gut informiert wo die Wale gerade sind. Das wird sich noch auszahlen.

Keine 10 Minuten aus dem Hafen, bereits die erste Sichtung. Pazifische Delfine.

Pazifischer Delfin direkt neben dem Boot.
Faszinierende Tiere.

Die Delfine haben einen heiden Spass an der Bugwelle des Bootes und schwimmen eine Weile darin mit. Wir fahren weiter und vorbei an Robben die so gut getarnt sind, dass man sie fast nicht auf den Felsen sieht.

Getarnte Robben auf eine Felsen.
Gute Tarnung

Unser Captain erhält einen Funkspruch, dass ca. 20 Minuten von hier entfernt Orcas gesichtet wurden. Yessss! Also vollgas Voraus und dorthin. Und da sind sie tatsächlich. Ein eindrückliches Erlebnis.

Wir sind sprachlos und tief beeindruckt. Für mich ist es aber auch anstrengend, denn die Kamera sollte parat sein, man weiss nie genau wann der nächste Orca eine Showeinlage parat hat. Insgesamt durften wir für ca. eine halbe Stunde zwei Familien beobachten wie sie friedlich umherschwommen. Es handelt sich dabei um sogenannte Residents, Orcas die das ganze Jahr in dieser Gegend verbringen und nicht wie ihre Geschwister Fleisch fressen, sondern sich von Fischen ernähren.

Bald schon ist es Zeit weiterzugehen. Wir fahren also so dahin, ich probiere gerade den vielgepriesenen Kaffee (nicht zu empfehlen, alles ist perfekt hier, aber der Kaffee nicht), als es heisst, Seelöwen.

Wir erfahren, dass es sich bei diesen Seelöwen lediglich um die männlichen Bachelors handelt, also diejenigen, die kein Weibchen gefunden haben und jetzt die Zeit bis zum nächsten Versuch in einem Jahr totschlagen müssen. Eindrückliche Tiere sind es aber trotzdem. Die Weibchen sind weiter nördlich, dort werden wir aber nicht hinfahren. Wir wollen Wale sehen! Und plötzlich, einmal mehr, ist es soweit.

Blowout eines Buckelwals neben Fischerboot.
Buckelwal

Wir sind bei den Buckelwalen angelangt. Was für ein Glück wir heute haben. Wir sind umringt von vielen Buckelwalen und vor lauter Beeindruckt sein, vergesse ich fast das Fotografieren. Leider sind sie etwas ruhig und schwimmen „nur“ umher, also keine atemberaubenden Sprünge aus dem Wasser. Als aber einer direkt auf das Boot zuschwimmt, unten hindurch taucht und auf der anderen Seite wieder hochkommt bin ich parat.

Schwanzflosse eines jungen Buckelwals.
Jungtier

Ich könnte noch Stunden hier verbringen, aber wie es so ist, irgendwann ist es Zeit zu gehen. Unser Captain fährt sicher durch die schöne Inselwelt hindurch und bringt uns nach rund 4 Stunden wieder sicher in den Hafen.

Inselwelt

Alder Bay Resort

Nach diesem eindrücklichen Erlebnis kehren wir wieder auf unseren Campingplatz zurück. Unser Campingplatz nennt sich Alder Bay Resort und während im Sommer wohl die Hölle hier los sein wird, haben wir fast den ganzen Campingplatz für uns, und dies zu einem unschlagbar günstigen Preis. Spontan entscheiden wir uns für insgesamt vier Nächte hier zu bleiben.

Alert Bay

Nach etwas Ruhe werfe ich wieder einmal einen Blick in unseren Reiseführer – der oft ungenutzt herumliegt, wir erleben auch so viel schöne Dinge. Aber Moment mal, diese Insel die wir seit zwei Tagen vor unseren Augen haben, die ist imfall ein Highlight in dieser Region. Upppps, fast verpasst. Es handelt sich um Alert Bay, eine kleine Insel die nachwievor hauptsächlich von indigener Bevölkerung bewohnt wird und den Reisenden einen Einblick in die hiesige Kultur erlauben soll. Los gehts, wir nehmen die Fähre und fahren nach Alert Bay.

Hafengebäude auf Alert Bay.
Ankunft auf Alert Bay

Die Vielfalt an Stämmen indigener Menschen in Kanada ist unüberschaubar und ebenfalls die daraus resultierende Vielfalt an Sprachen und kulturellem Ausdruck. Ich kann mir nicht anmassen auch nur ansatzweise einen Überblick zu haben, aber im Gespräch mit einigen Menschen auf Alert Bay – dazu weiter unten mehr – erschliesst sich uns die Situation hier einwenig. In dieser Region herrschte für die indigene Bevölkerung Reichtum – natürlich bevor die Europäer kamen. Reichtum an allem was sie fürs Leben benötigten und somit waren die Stämme hier auch sesshaft und blieben das ganze Jahr über an ihrem Lebensort. Einen Zugang zu der Lebensweise der verschiedenen Stämme erhält man unter Anderem durch die Kunst und Kultur der einzelnen Stämme. Durch die Sesshaftigkeit und die relativ einfache Verfügbarkeit von Nahrung und Lebensnotwendigkeiten blieb viel Zeit für Kunsthandwerk (ich weiss nicht genau ob Kunsthandwerk die richtige Bezeichnung dafür ist, aber als europäischer Banause bezeichne ich es jetzt einmal so). Jedenfalls äussert sich dies hier in den impossanten Totempoles und Zeremoniengegenständen meist in Form von Masken. Wir durften einige davon in Ruhe bestaunen.

Aus Respekt der Kultur gegenüber ist das Fotografieren der Masken nicht erwünscht, was ich natürlich gerne befolge.

Als wir uns in der Nähe des Kulturmuseum befinden, werden wir von einem Einheimischen angesprochen. Er erzählt uns von Alert Bay, wir erzählen von unserer Reise. Er lädt uns ein, etwas Abseits mit einem Häuptling zu sprechen bzw. uns die Herstellung eines Totempoles von nahem anzusehen. Das nehmen wir natürlich gerne an. So erfahren wir nicht nur viel über die Stämme hier, sondern auch über deren Lebensweise sowie was alles hinter einem Totempole steckt. Jedes Details ist bewusst gesetzt und hat einen Grund weshalb es dort ist und wie es angefertigt wird. Sehr beeindruckend.

Wir sind sehr beeindruckt von diesem Erlebnis, das einzige was mich etwas nachdenklich macht, ist der viele Müll und die riesige Unordnung die überall herrscht. Da ist einerseits diese reiche und tiefgründige Kultur und andererseits der Dreck, die Verwahrlosung und die Verrohung. Das passt einfach nicht zusammen. Das gibt aber wohl Einblick in die riesigen Probleme die nachwievor bestehen – ein Phänomen welches mir z.B. auch in Bangladesh begegnet ist.

Höhlenforschung

Nach einem Tag Pause machen wir uns wieder auf den Weg Richtung Süden, nicht bevor wir aber noch ein letztes Abenteuer im Norden wagen. Ich habe von einem kleinen Regional Park gelesen ganz in der Nähe und doch sehr abgelegen. Da wollen wir hin. Wagemutig und mit grossem Geschick lenkt Christina unser Trotti BrumBrum auf Strassen die die Bezeichnung Strasse nicht verdient haben bis in die Nähe der Höhlen.

Und dieser Abschnitt war noch gut im Schuss.

Wir machen uns auf den Weg zu den Höhlen als wir plötzlich einen Zettel an einem Baum sehen, neben einem grossen Lager Bauholz. Freundlich wird auf dem Zettel gefragt, ob man sich nicht etwas an der Erneuerung des Pfades beteiligen möchte und ein paar Bretter oder Balken nach unten tragen möchte. Klar doch, wir schultern ein paar Bretter und los gehts nach unten. Bei der eigentlichen Baustelle laden wir die Bretter ab und machen die letzten paar Schritte nach unten in eine andere Welt.

Holztreppe über Steine in kanadischem Regenwald
Regenwald

Vor uns liegt eine Höhle durch die ein Bach hindurchfliesst. Diese Höhle ist gut zugänglich, insgesamt gibt es noch meherer andere Höhlen in der Gegend die aber nicht so gut zugänglich sind.

Höhleneingang im kanadischen Regenwald.
Aufgehts, rein in die Höhle.

Wir verbringen eine Weile hier und geniessen die spezielle Atmosphäre hier.

Blick hinaus aus einer Höhle im kanadischen Regenwald
Blick hinaus.

Einmal mehr bin ich tief beeindruckt von der Natur und ihrer Vielfalt. Gestört wird diese Atmosphäre lediglich vom gelegentlichen Dröhnen der Kettensägen, den nicht weit entfernt wird ein weiterer Wald komplett gerodet bevor er auf einem riesigen Frachter nach Asien verschifft wird.

Abschied vom Norden

Nach diesem Abenteuer quartieren wir uns für eine Nacht im Elk Falls Provincial Park nahe Campbell River ein, denn am Folgetag wollen wir noch das Museum dort besuchen. Der Museumsbesuch ist ein Volltreffer. Mit einer beeindruckenden Sorgfallt wir die Geschichte der Region in einer beeindruckenden Art und Weise den Besuchern zugänglich gemacht. Definitv ein Besuch wert.

Am Abend, gesättigt von den vielen Eindrücken, machen wir uns auf den Weg zurück zum Kitty Coleman Beach Provincial Park. Zu unserer Überraschung ist dieser mittlerweile geschlossen, aber die Kanadier wären nicht die Kanadier würden sie nicht ein Teil des Campingplatzes offen lassen und man kann gratis dort übernacht einfach ohne Infrastruktur. Dies scheint auch gut zu klappen, es ist sauber und es geht sehr zivilisiert zu und her. Ein hoch auf Kanada.

6 Antworten auf „Vancouver Island – der einsame Norden“

    1. Absolutly, amazing area and so wild. Lots of places to explore of the beaten path. Access only through forest access roads.

      Thanks for the compliment on the pictures.

      Cheers,
      Janosch

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