Community Supported Agriculture in Norwegen

Nache dem ich ja in Liechtenstein stark in die Gartenkooperative involviert war, wollte ich mal sehen wie dies in Norwegen so gehandhabt wird. Ich besuchte den Hof von Torill Østraat und Jone Hauken.

Community Supported Agriculture (CSA)

CSA, oder auf Deutsch Solidarische Landwirtschaft hat das Ziel, Konsument und Produzent näher zusammen zu bringen. Dazu gibt es verschiedene Umsetzungsmöglicheiten. Dies kann eine garantierte und direkte Abnahme von landwirtschaftlich produzierten Gütern sein ohne direkte Mitarbeit der Konsumenten bis hin zu einer aktiven Partizipation dieser. Es gibt ganze Höfe die von Genossenschaftern betrieben werden, Einkaufskooperativen und vieles mehr.

Gartenkooperative Liechtenstein

Die Gartenkooperative Region Liechtenstein-Werdenberg e.G. ist, wie der Name schon sagt, eine eingetragene Genossenschaft. Hier ist der Konsument weitestgehend auch Produzent und stark involviert in das Geschehen. Angestellte Gärtner- und Gärtnerinnen sorgen für die nötige Professionalität und eine Betriebsgruppe (Vorstand) übernimmt ehrenamtlich die Organisation und Administration. Mittlerweile läuft die vierte Saison und über 100 Haushalte werden wöchentlich mit frischem, regionalem und bilogischem Gemüsse versorgt. Ich durfte bereits bei der Konzeptausarbeitung dabei sein und habe mich zwei Jahre aktiv in der Betriebsgruppe engagiert – bis ich mich entschloss die Welt zu erobern.

CSA in Norwegen

Meine Informationen zu der Situation von Norwegen beziehen sich auf viele Gespräche mit Menschen hier und auf Informationen die im Internet zugänglich sind. Bezüglich CSA ist dabei die Seite www.andelslandbruk.no sehr informativ – wenn auch nur auf Norwegisch. Aber hey, Norwegisch ist nicht so schwierig es gibt ja Google Translate, oder Yandex.

Norwegen ist jetzt nicht gerade Spitzenreiter in der Landwirtschaft. Einerseits fehlt einfach die Fläche, und dort wo sie vorhanden ist, konkurrenziert sie ständig mit Bauzonen, und andererseits ist der Sommer kurz und nass und der Winter lang und dunkel – alles nicht ideale Bedingungen für die Landwirtschaft. Trotzdem begünstigt aber der Golfstrom die Landwirtschaft trotz der geografischen Lage hoch im Norden. Da in Norwegen zudem die Preise sehr hoch sind, vorallem für Lebensmittel, und die Qualität schlecht ist (sorry Norweger, ihr könnt nicht überall Spitzenreiter sein), setzen viele Menschen in ländlicher Gegend auf Eigenanbau und Tauschwirtschaft. Ich selber durfte dies mehrfach erfahren und habe feine Kartoffeln und Eingemachtes geniessen dürfen (und wurde so meinen Wein sehr schnell los).

So verwundert es nicht, dass das Konzept der solidarischen Landwirtschaft in Norwegen auf fruchtbaren Boden trifft „pun intended“. Es gibt die verschiedenen, klassischen Konzepte wie oben kurz angerissen. Ich habe mich entschieden ein Hof zu besuchen, der einen Mittelweg beschreitet.

Hof von Torill Østraat und Jone Hauken

Als ich mich kurzfristig entschied, Norwegen nicht über Oslo zu verlassen, sondern nach Kristiansand zu fahren und dort die Fähre nach Hirtshals zu nehmen, entschied ich mich kurzerhand auch, einen Hof auf dieser Route zu besuchen. Zwei Emails später und nach ca. 24 Stunden stand der Besuch fest – und ich durfte den Hof von Torill und Jone besuchen.

Foto der beiden Hofbesitzer Torill und Jone auf einem Acker.
Torill und Jone – die Hofbesitzer

Wie immer hier in Norwegen, eine offenherzige und freundliche Angelegenheit. Der Hof, seit langem in Familienbesitz von Torill’s Familie war lange ein Viehwirtschaftsbetrieb. Zunehmend kamen sie unter Druck, ihr Land gewinnbringend zu verkaufen, denn sie liegen nicht weit ausserhalb des Siedlungsgebietes in einer wunderschönen Landschaft (gibt es keine wunderschöne Landschaft in Norwegen? Ja die gibt es!). Sie suchten nach Möglichkeiten dies nicht zu tun und gleichzeitig das Verständnis dafür und für die Landwirtschaft insgesamt in der umliegenden Bevölkerung zu verankern. Da bot sich das Konzept der solidarischen Landwirtschaft geradezu an.

Mit Interessenten und einem weiteren Hof sassen sie zusammen und 2015 starteten sie in die erste Saison mit rund 65 Interessenten. Ihre Umsetzung unterscheidet sich dabei aber wesentlich von derjenigen der Kooperative in Liechtenstein. Das Gemüseangebot schwankt mit der Saison (diese dauert ca. 20 Wochen) und damit mit den klimatischen Bedingungen, sie lagern kein Gemüse ein. Geerntet wird direkt vom Feld so wie es wächst und gedeiht. Die Genossenschafter zahlen einen fixen Betrag von 2800 NOK (ca. 360 CHF) und verpflichten sich einige Stunden zu helfen bei speziell organisierten Workshops. Die Hauptarbeit wird von Torill gemacht und über den Betriebsbeitrag gedeckt. Geerntet wird von den Genossenschafter weitestgehend selber wobei Torill und Jone „die Quote“ vorgeben, je nach Saison und Angebot. Das heisst dann z.b. jeder Genossenschafter darf 1 Meter Karotten ernten oder so in dieser Art.

Foto eines Gemüsefeldes von Torill und Jone
Feld von Torill und Jone

Organisatorisch sind sie als Kooperative aufgestellt mit Vorstand und Mitgliedern, der Hof wird aber privat von Torill und Jone geführt und die Kooperative ist ein Teil davon. Produziert werden ca. 30 Gemüse und Kräutersorten nach ökologischem Standard aber nicht zertifiziert.

Foto eines keleinen Gewächshauses für die Frühanzucht.
Anzuchttunnel

Persönliches Fazit

Ich habe mich riesig gefreut, dass das Konzept der solidarischen Landwirtschaft in Norwegen doch sehr verbreitet ist und oft, so scheint es zumindest, sehr aktiv gelebt wird. Der von mir besuchte Hof lässt sich nur schwer vergleichen mit „meiner“ Gartenkooperative, zu unterschiedlich sind die Ansätze und vorallem die Umsetzung. Während wir (ich schreibe immer noch in der Wir-Form obwohl ich nicht mehr dabei bin – hmm Moment, ich bin ja noch Genossenschaft – ok ich bleibe beim wir) fast das ganze Jahr wöchentlich Gemüse zu Verfügung haben, beschränkt sich die Saison hier auf rund 20 Wochen. Der Grossteil der Arbeit wird von Torill erledigt, die Mitglieder sind involviert aber viel weniger als bei uns. Viele Abläufe sind einfacher gehalten, dafür ist die Vielfalt und die Konstanz aber dementsprechend auch geringer. Der Grundgedanke ist aber genau derselbe, und das ist es, was mich an dieser Art der Landwirtschaft so fasziniert. Der Konsument erfährt selber was es heisst, Lebensmittel zu produzieren und nicht einfach dieselben einzukaufen. Freudig verlasse ich den Hof wieder, werde aber wenn ich wieder einmal in der Gegend bin, sicher bei den Beiden vorbeischauen – und dann auch das Angebot der Gästedusche annehmen, den irgendwie lag der Wurm drinnen in den nächsten Reisetagen nach dem Besuch und mit dem Duschen hat es erst drei Tage später geklappt.

Übrigens, wer Lust und genügend Zeit hat, bei Torill und Jone kann man jederzeit auf dem Hof mithelfen und darf dann dort leben – vorzugsweise nicht nur eine Woche sondern etwas länger: Hier sind die Koordinaten dazu.

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